Kfz.-Steuer Erhöhung für Oldtimer

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gentleman-driver
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Kfz.-Steuer Erhöhung für Oldtimer

Beitrag: # 6169Beitrag gentleman-driver »

Der BGH (Bundesgerichtshof) beklagt massiven Verlust an Einnahmen
durch die Pauschalsteuer bei Oldtimern.

Hier die Veröffentlichung:

1.jpg

Der Deuvet, Peter Schneider schreibt dazu:

Zitat:

Oldtimerbesteuerung

Der DEUVET Bundesverband Oldtimer-Youngtimer e.V. antwortet auf
die Rüge des Bundesrechnungshofs zur Einheitssteuer für Oldtimer mit
H-Zulassung und wünscht sich eine sachlichere Argumentation
Der Bundesrechnungshof rügt in schöner Regelmäßigkeit öffentliche
Ausgaben der diversen Ministerien, Parlamente und anderer Körperschaften,
häufig sehr berechtigt, meist ohne größere Konsequenzen auf das Verhalten
der Betroffenen.
Immer wieder kommen dann in den Berichten auch eher unbedeutendere Problemfelder an die Reihe. In diesem Frühjahr nun die Einheitssteuer für
Oldtimer mit H-Zulassung. Es wird von 400.000 Fahrzeugen berichtet,
diese Zahlen sind für den DEUVET aus der Statistik des Kraftfahrtbundesamts allerdings nicht nachvollziehbar.
Aber der vermeintliche steuerliche Vorteil der H-Zulassung muß sachlicher betrachtet werden. Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von rund
1.100 Kilometern im Jahr zahlt der Oldtimereigner mit seiner Einheitssteuer
von 191,73 Euro für jeden Kilometer auf deutschen Straßen 17,4 Cent und
damit 17 mal soviel „Straßenbenutzungsgebühr“ wie bei einem normalen PKW,
der bei rund 13.300 Kilometern im Jahr und durchschnittlicher Kfz-Steuer von
143 Euro nur 1,07 Cent pro Kilometer kostet. Fahrer doppelt so schwerer
E-Autos zahlen sogar überhaupt keine Steuer, ihre Wagen belasten aber die Infrastruktur durch ihr Gewicht um so mehr. Für den Bau und die Erhaltung
der Straßen ist die Kfz-Steuer ja eigentlich gedacht.
Bei den Baujahren ab 1988 kommen zunehmend Fahrzeuge ins Alter über 30
Jahre, die bereits mit Katalysatoren ausgestattet sind und sehr häufig mit H-Kennzeichen mehr Steuern zahlen müssen als bei normaler Zulassung. Selbst
das Argument der Benutzung der Feinstaubzonen entfällt mehr und mehr,
weil Städte und Regionen diese Plakettenpflicht wieder aufheben.


Zitat ende.



Die IKM, Mario de Rosa schreibt dazu:

Zitat:

Brief und Stellungnahme der Initiative Kulturgut Mobilität e.V.

(http://www.kulturgut-mobilitaet.de)

an den Bundesrechnungshof zum Thema Besteuerung und Alltagseinsatz
von Oldtimern.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Scheller,
mit Entsetzen hat die Initiative Kulturgut Mobilität e.V. die Ausführungen
2022, Nr. 36 des Bundesrechnungshofes mit der Überschrift „Immer mehr
Oldtimer-Kennzeichen für Alltagsfahrzeuge: Hoher Steuerverzicht und Schadstoffbelastung“ zur Kenntnis nehmen müssen. Entsetzt deshalb,
da die darin beschriebenen Sachverhalte in erheblichem Maße irreführend
und in Teilen schlicht unzutreffend sind.

Meine Kritik möchte ich nachfolgend begründen.

Punkt 36.1 Prüfungsfeststellungen
In diesem Punkt kritisieren Sie die Ihres Erachtens geringe Pauschalbesteuerung
von historischen Fahrzeugen und gehen dabei indirekt auf eine mutmaßliche Alltagsnutzung dieser Fahrzeuge ein. Mehrmals erhobene Studien haben die
Mär der überbordenden Alltagsnutzung historischer Fahrzeuge inzwischen
wiederholt widerlegt. Aktuell liegt die „Classic-Studie 2023 Wirtschaftsfaktor
Young- und Oldtimer 2023“ der BBE Automotive GmbH in der nunmehr fünften Auflage vor, in welcher die durchschnittliche Fahrleistung eines H-Kennzeichen-bewehrten klassischen Fahrzeugs mit 1600 km pro Jahr angegeben wird,
was 0,2% der jährlichen Fahrleistung des Gesamt-PKW-Bestands in der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Ein im Alltag genutztes Fahrzeug
weist lt. KBA-Inländerfahrleistung für das Jahr 2021 eine PKW-Laufleistung
von durchschnittlich 12843 km pro Jahr auf. Bezogen auf den gefahrenen
Kilometer bezahlt der Besitzer eines mit H-Kennzeichen zugelassenen
historischen Fahrzeugs 0,12 EUR. Verglichen beispielsweise mit 0,01 EUR
pro gefahrenem Kilometer einer aktuellen Mercedes-Benz C-Klasse-Limousine,
C200, 1496 ccm, 204 PS, und einem CO2-Ausstoß von 163 g/km (Quelle:
Mercedes-Benz). Eine Subventionierung klassischer Fahrzeuge stellen wir
nicht fest. Dieselfahrzeuge sind mit 11% Anteil am Bestand historischer
Fahrzeuge in der Betrachtung nahezu irrelevant.

Weiter geben Sie an, der Bestand an Oldtimern mit H-Kennzeichen habe sich verdreifacht. Diese Aussage ist formal richtig. Es sind 704000 historische
Fahrzeuge mit H-Kennzeichen zugelassen (Quelle: BBE-Studie). Allerdings
geht aus dieser Zahl nicht der Mehrfachbesitz eines einzelnen Besitzers hervor,
was die Gesamtlaufleistung aufgrund der Verteilung der gefahrenen Kilometer
auf mehrere Fahrzeuge nicht erhöht. Darüber hinaus sind inzwischen (lt.
BBE-Studie) 553211 Fahrzeuge älter als dreißig Jahre, welche nicht mit H-Kennzeichen zugelassen sind. Dieser Anteil steigt künftig zulasten der mit
H-Kennzeichen zugelassenen historischen Fahrzeuge, da diese über eine
geregelte Abgasreinigung verfügen und somit weder steuerlich noch in Bezug
auf die Einfahrt in Umweltzonen einen Vorteil haben. Zusätzlich wird durch
die ab den 1990er-Jahren vermehrte Verwendung elektronischer Komponenten
und Assistenzsysteme der Erhalt und die Wartung von Fahrzeugen durch fehlende Ersatzteile entweder erheblich erschwert oder unmöglich gemacht. Eine
Zunahme von Fahrzeugen, die in Zukunft das das Alter von dreißig Jahren überschreiten, sehen wir daher insgesamt nicht.

Auch gehen Sie kurz wie folgt auf Steuermindereinnahmen ein: „Durch
Zunahme der H-Kennzeichen wechselten zwangsläufig immer mehr Oldtimer
bei der Kraftfahrzeugsteuer von der Regelbesteuerung in die günstigere Pauschalbesteuerung.“ Hier scheint es sich um eine Schätzung ohne
belastbaren Nachweis des Bundesrechnungshofs zu handeln. Zu diesem
Punkt verweise ich überdies auf meine Ausführungen in vorigem Absatz.
Außerdem: Je weniger Fahrzeuge über 30 Jahre mit Abgasnachbehandlung
auf ein H-Kennzeichen zugelassen werden, desto geringer können die Steuereinnahmen daraus ausfallen.

Ihre Rechnung beschreibt sehr einseitig lediglich eine angenommene Mindereinnahme durch die Pauschalbesteuerung historischer Fahrzeuge
mit H-Kennzeichen. Die Steuereinnahmen durch den gesamten Oldtimer-
Sektor läßt die Betrachtung Ihres Hauses ungerechtfertigterweise völlig
außer Acht. Aus der „Classic-Studie 2023 Wirtschaftsfaktor Young- und
Oldtimer 2023“ der BBE Automotive GmbH, darf ich zitieren: „Dabei sind
Old- und Youngtimer ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Das Reparatur- und Wartungsvolumen für die echten Old- und Youngtimer beträgt 3,8 Milliarden
Euro. Jedes Fahrzeug verursacht pro Jahr etwa 1.300 bis 1.600 Euro an Reparaturkosten, hinzu kommen bei Oldtimern teilweise teure Restaurierungen. Etwa 10.000 Mitarbeiter haben einen Arbeitsplatz bei den Werkstätten,
die auch Classic-Cars reparieren. Hinzu kommen jeweils 50 spezialisierte Teile-
und Fahrzeughändler.“ Somit sind die Ihrerseits prognostizierten Mindereinnahmen bei der KFZ-Steuer durch eine nicht belegbare Alltagsnutzung historischer
Fahrzeuge mit H-Kennzeichen mehr als nur kompensiert und für den
Finanzhaushalt der Bundesrepublik Deutschland keineswegs zu vernachlässigen. Durch eine negative Änderung der Oldtimerbesteuerung drohen Stilllegungen historischer Fahrzeuge mit all den nachgelagerten negativen Effekten für
den Wirtschaftszweig und dadurch eine reale Minderung des damit verbundenen Steueraufkommens.

Punkt 36.2 Würdigung
Ihre Aussage, Oldtimer mit H-Kennzeichen würden im Alltag eingesetzt,
ist ohne die Führung eines Nachweises eine Unterstellung. In diesem
Zusammenhang fehlt die belastbare Angabe, wie Ihr Haus den Alltagseinsatz
des historischen Fahrzeugs mit H-Kennzeichen definiert und wie der Nachweis geführt wird. Bereits die Versicherungen legen eine maximale Fahrleistung
fest und verlangen den Nachweis eines Alltagsfahrzeugs neben dem historischen,
um eine übermäßige Alltagsnutzung zu verhindern. Die praktisch nicht
nennenswerte Schadensquote bei historischen im Vergleich zu Alltagsfahrzeugen widerspricht im Übrigen der Annahme übermäßiger Nutzung und unterstellt
den Besitzern klassischer Fahrzeuge ungerechtfertigt Mißbrauch Ihrerseits.
Außerdem schließt die Vergabe des H-Kennzeichens eine alltägliche Nutzung
nicht aus. Ein solches Kennzeichen kann überdies nur dann erlangt werden,
wenn das zur Abnahme vorgeführte Fahrzeug festgelegte Kriterien erfüllt.
Siehe nachfolgenden Abschnitt 36.3 Stellungnahme.

Die von Ihnen angeführten Schadstoffemissionen entstehen bei der Nutzung
der Fahrzeuge, somit im Fahrbetrieb. Wie bereits ausgeführt, sind diese bei
der jährlichen durchschnittlichen Nutzung von 1600 Kilometern im Vergleich
zur Gesamtbilanz der Schadstoffemissionen des Verkehrssektors vollkommen irrelevant. Im Übrigen bestätigt durch das Umweltbundesamt, dessen Vertreter Helge Jahn am 21.10.2022 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk
bestätigte, daß der Einfluß der Oldtimer bei der Verkehrswende sehr gering
sei und dies auf den vernachlässigbaren Bestand von 1% des gesamten Fahrzeugbestands zurückführte.

Punkt 36.3 Stellungnahme
Bzgl. der angeblichen Lockerung der Voraussetzungen für die Zuteilung eines
H-Kennzeichens fehlt der entsprechende Nachweis, weswegen diese Annahme
als spekulativ gewertet werden muß. Die Anforderungen an die Beschaffenheit
eines historischen Fahrzeuges wurden seit der Einführung der H-Kennzeichens
1997 mitnichten gelockert, sondern verschärft. Ein H-Kennzeichen kann nur
zugeteilt werden, wenn das vorgeführte Fahrzeug mindestens 30 Jahre alt,
in einem guten Zustand ist und weitgehend dem Originalzustand entspricht.
Die Originalität muß in allen Hauptbaugruppen gegeben sein. Ein Fahrzeug,
welches dreißig Jahre ununterbrochenen Alltagseinsatz in allen Jahreszeiten
unter allen Wetterbedingungen hinter sich hat, wird diese Kriterien kaum
erfüllen können. Insofern trennt sich an dieser Stelle bereits Spreu vom
Weizen, was die Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes betrifft.
Sorge dafür tragen nicht nur die Prüfingenieure der Überwachungsorganisationen durch die Erstellung eines Gutachtens nach §23 StVZO sondern insbesondere
die konsequente Anwendung der „Arbeitsanweisung für Oldtimer im Arbeitskreis Erfahrungsaustausch in der technischen Fahrzeugüberwachung (AKE)“.
Abschließend noch Bemerkungen abseits der spröden Betrachtung finanzieller Auswirkungen und Formalia.

Die bereits mehrfach angesprochene „Classic-Studie 2023 Wirtschaftsfaktor
Young- und Oldtimer 2023“ der BBE Automotive GmbH hat auch die Wirkung historischer Fahrzeuge auf die Bevölkerung erhoben. Demnach ist deren
Einstellung nicht nur zum Oldtimer, sondern dem Auto insgesamt, positiv,
denn 90% der befragten Autofahrer wollen ein Auto besitzen und haben
auch Spaß daran. 76% sehen in Oldtimern ein Kulturgut. Zwei Drittel der
Befragten können als Oldtimerfans bezeichnet werden, lediglich ein knappes
Viertel steht dem Oldtimer skeptisch gegenüber. 14% sind neutral, über 70%
freuen sich, einen Oldtimer auf der Straße zu sehen und 37% interessieren
sich dafür. Dies beweist die hohe Emotionalität, die mit dem Auto insgesamt
und mit dem historischen Fahrzeug im Besonderen verbunden ist.

Bei klassischen Fahrzeugen handelt es sich inzwischen, die oben genannten
76% belegen dies eindrucksvoll, um mobiles Kulturgut. Die Beschäftigung mit
allen Ausprägungen dieses Komplexes trägt zum Erhalt eines technischen Erbes
für nachfolgende Generationen bei. Der Zugang zu diesem Hobby darf jungen Menschen durch eine finanzielle Verschärfung nicht erschwert werden. Die Auseinandersetzung ist als sinnstiftend und mit hohem Wissenstransfer
behaftet zu betrachten. Da die älteren Generationen zunehmend aus unterschiedlichen Gründen aus der Auseinandersetzung mit dem historischen Fahrzeug ausscheiden werden, ist der Erhalt des technischen Kulturguts
durch die Weitergabe der angesammelten Kenntnisse an junge Interessierte elementar. Es drohen in diesem Zusammenhang traditionelle Handwerkstechniken und damit verbundene Handwerksunternehmen verloren zu gehen. Dies steht
im krassen Gegensatz zur Mission der Weltkulturorganisation UNESCO, deren
Leitlinie die Weitergabe und der Erhalt von Wissen und Können der Menschheit
ist. Treten wir die über Jahrhunderte entstandene kulturelle, auch die technische, Vielfalt mit Füßen und verhindern wir die Ausübung derselben durch schier unüberwindliche Zugänge, degradieren wir das Leben, gespeist durch Vielfalt
und Sinn, zur bloßen Existenz eines ordinären Steuerzahlers.

Sehr geehrter Herr Scheller, gerne stehe ich Ihnen bei Bedarf für einen
vertieften Austausch zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen

Mario De Rosa
Erster Vorsitzender

Zitat ende.
:k Drivers Gruss Bild


GUT & GÜNSTIG widerspricht sich,
GERECHT & SOZIAL widerspricht sich noch mehr !
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